Donnerstag, 13. Oktober 2016

Freibildner

Freibildner


Was hat mich dazu bewogen meine Kinder aus dem Schulsystem zu nehmen und ein freibestimmtes Leben zu leben.Um dies nachvollziehen zu können hole ich ein bisschen aus.
Als ich ein Kind war sagte man mir nach, ich sei verträumt und man wisse nicht so recht, woran man bei mir ist. Ich bin nicht greifbar und nicht einzuordnen. (Ich vermute das ist heute noch immer so;)).
Tja, mein anscheinend verträumtes Erscheinen wird wohl daher kommen, dass ich die Anderswelt sah und auch wieder sehe. Und ich habe als Kind schon immer alles hinterfragt.
Meine Ansprechpartner waren die geistigen Wesenheiten, wie Elfen, Feen, Meister, Engel sowie auch mein "höheres Selbst".
Die physischen Mitlebenden hatten oft keine befriedigende Antwort für mich dabei.
In der Schule sah ich den Sinn nicht von dieser ganzen Auswendiglernerei. Da ja, bei mir zumindest, nach einer Woche das meiste wieder aus meinem Gedächtnis raus gefunden hat.
Ein Jahr früher als Pflicht war habe ich dann auch die Schule abgebrochen. Ich begab mich auf Globetrotters Wegen.
Mit 17 Jahren kam meine Tochter auf die Welt, die mein Travellerdasein bis zu ihrem neunten Lebensjahr miterleben durfte.




Danach habe ich sie eingeschult. Weil ich aus irgendwelchen Gründen "Erwachsen" sein wollte und halt das "Richtige" machen wie die anderen Mütter. Die anderen Mütter waren damals mindestens 10 Jahre älter. Halt so leben wie es sich gehört.
Eine Anstellung hatte ich nie. Nur temporär 2 bis 4 Monate. Das war nie so mein Ding. Ich hätte in dieser Zeit meine Tochter in einen Kinderhort oder bei einer Tagesmutter abgeben müssen und dabei wäre das meiste Geld das ich verdient hätte wieder dabei draufgegangen. Und ich machte mir die Überlegung, wie paradox es doch ist, dass dann andere Menschen in den Genuss kommen würden die täglichen Fortschritte und Entwicklungen meiner Tochter mitzuerleben. Die ersten Schritte, der erste Zahn, das erste Wort u.s.w.! Während ich irgendwo mit anderen Menschen eine Arbeit verrichte, um das Geld zu verdienen, das ich dann dort wieder abgebe bei denen meine Tochter wäre. Wie absurd!
Was für ein System!
Dann kommt noch dazu, dass ich nicht immer zur gleichen Zeit am gleichen Ort auftauchen kann. Egal wie ich mich fühle, einfach zu funktionieren, das geht bei mir nicht.




Das war wiederum ein grosser Vorteil für mich, denn dadurch bin ich gar nicht erst in das Arbeiterhamsterrad hineingerutscht.
Leider wurden dann durch die Schulpflicht in der Schweiz meine Kinder dazu gezwungen in die Schule zu gehen.
Der Kindergarten begann schon wie im Militär für meinen zweitgeborenen Sohn. Nach 2Wochen nahm ich ihn raus und brachte ihn zum Waldorfkindergarten. Dazu muss ich leider sagen, dass die Steiner Schulen, bei denen ich bisschen hinter die Kulissen sehen durfte, doch etwas "versteinert" sind. Die Philosophie die Rudolf Steiner lebte und lehrte wird leider nicht überall so verstanden und die Flexibilität fehlt oft. Doch ich bin überzeugt davon, dass es auch da sicherlich gut geführte Schulen gibt irgendwo.
Dann versuchte ich es noch mit einer ganz freien Schule. Super, die Bedürfnisse der Kinder wurden voll verstanden und mein Monatsbudget geleert. Somit war ich leider wieder gezwungen meine beiden Kinder in die öffentliche Schule zu schicken.
Meine innere Abwehr der Schule gegenüber habe ich aufgehoben und ich ging wirklich ganz positiv auf dieses neue Abenteur ein. Zu Beginn war noch eine Begeisterung bei den Kindern da. Die liess jedoch ziemlich rasch nach. Nach der Schule waren dann meine beiden Jungs sehr genervt, gereizt, weinerlich, streitsüchtig und frustriert. Sie kamen nur gut gelaunt nach Hause, wenn sie einen Wandertag hatten, eine Gärtnerei besuchten oder sonst etwas Interessantes stattgefunden hat.
Diesen Druck, den ich selber nicht mag musste ich den Kindern machen; früh aufstehen; motivieren zur Schule zu gehen; zu den Hausaufgaben motivieren(eher zwingen); u.s.w.!
Für die wirklich wichtigen Sachen und Bedürfnisse (Grundbedürfnisse), wie zum Beispiel stundenlanges freies Spielen, soziale Kontakte, war keine Zeit. Mit wem denn auch? Die anderen Kinder waren jeweils ziemlich beschäftigt, Schule, Hausaufgaben, Vereine, Instrumentalunterricht, Familienausflüge. Fast alles tolle Sachen doch einfach völlige Überforderung eines gesunden Kindes.

Auf die Frage hin, ob den nicht das soziale Leben ohne Schule nicht zu kurz kommt, darauf schmunzle ich nur noch. In der Schule haben sie gerade mal 20 Min Zeit um in der Pause zu spielen, was soll das den auf den ganze Tag verteilt? Pipifax.
Freilerner können wirklich stundenlang spielen. Sich richtig vertiefen in ein Thema. Von morgens früh bis Abends spät. Wirklich tiefe Freundschaften dürfen da entstehen! Sogar die Langeweile findet manchmal ihren Platz. Dies ist ein anderes ganz wichtiges Thema, auf das ich noch tiefer eingehen werde in einem anderen Bericht.
Meine Nerven wurden also immer öfter strapaziert und meine Geduld auf die Probe gestellt. Dann kam noch dazu, dass wir in einer Wohnanlage wohnten, wo die Nachbarn lieber einen gesunden alten Nussbaum fällen lassen würden als dass lachende Kinder darauf spielen, mein Freiheitsgefühl wurde also auf das Minimum reduziert.
Da stand ich nun vor einer grossen Entscheidung. Was wollte ich/wir; - Schule, - Zwänge, - Druck, - militärisch eingeschränktes Spielen, - Termine, - Hamsterrad, - blanke Nerven
oder; - Selbstverantwortung, - freibestimmte Lebensgestaltung, - Abenteuer, - 24Std. Präsenz, - Ungewissheit.....




Wir entschieden uns wir die zweite Möglichkeit. Und ich bin überaus dankbar, glücklich und auch stolz auf uns, dass wir den Schritt gewagt haben.
Fast täglich lege ich mich am Abend ins Bett und sage mir, JA, das war absolut die richtige Entscheidung für uns und es ist eine riesengrosse Bereicherung. Manchmal anstrengend und fordernd, doch immer lebendig, vielseitig, spannend, lustig und bewegt.



2 Kommentare:

  1. Einen wunderbaren Artikel hast du hier hingelegt! Danke! Spricht mir sehr aus dem Herzen! Ähnliche Erfahrungen machten wir auch. Jetzt sind die Kinder größer geworden. An den Bedürfnissen ändert sich grad einiges und wir werden neu mit der "Freibildner"- Situation herausgefordert... Liebe Grüße, Christian mit der www.freilernfamily.de

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Super geschrieben, Aiuna, man merkt richtig, dass du davon überzeugt bist! Auch das Nachvollziehen geht mit all den Hintergrundinformationen sehr gut. Ich wünsche euch alles Gute für diesen spannenden Weg und vielleicht sieht man sich ja auf den Kanaren! Schmatzale Susanne and the kids

      Löschen